Der Präsident des Weltfußballverbandes, der FIFA, hat Russland anläßlich der Vergabe der WM 2018 einen "ganzen Kontinent" genannt.
Da dieser "ganze Kontinent" möglicherweise in diesem Jahr der Welthandelsorganisation (WTO) beitreten wird, würde sich vielleicht ein näherer Blick auf diese Institution lohnen.
Zweck der WTO ist es, durch zwischenstaatliche Abkommen den ungehinderten Welthandel zu ermöglichen. Die dementsprechende Regulierung durch die WTO umfaßt
- den Handel mit Gütern (General Agreement on Tariffs and
Trades/GATT)
- den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade with Services/GATS)
- die handelsrelevanten Aspekte geistiger Eigentumsrechte (Trade Related Aspects of Intellectual Property/TRIPS).
Im Rahmen der genannten Übereinkommen existiert eine Vielzahl von Vereinbarungen zu einzelnen Fragen.
Grundlegende Prinzipien der dadurch geschaffenen Welthandelsordnung sind die Meistbegünstigung (Art. I Gatt, Art. II GATS, Art. 4 TRIPS) und die Inländerbehandlung (Art. III GATT, Art. XVII GATS, Art. 3 Abs. 1 TRIPS).
Meistbegünstigung bedeutet, dass diejenigen Handelsvorteile, die ein bestimmtes Land einem Drittland gewährt, auch allen anderen Vertragsparteien gewährt werden müssen.
Unter Inländerbehandlung versteht man die Pflicht, Importwaren hinsichtlich des Absatzes keinen ungünstigeren Rechtsvorschriften zu unterwerfen als einheimische Waren.
Der dauerhaften Durchsetzung dieses Regelwerkes dient das Streitbeilegungssystem, das durch ein entsprechendes ständiges Organ (Dispute Settlement Body, Art. IV Abs. 3 WTO-Abkommen) geleitet wird.
Dieser Streitbeilegungsmechanismus sieht Verhandlungslösungen (Art. 4f. DSU), aber auch ein klageähnliches Verfahren (Art. 4 Abs. 7, 6, 7, 8 Abs. 5, 12, 16, 17 DSU) vor.
Um auf Russland zurückzukommen, so beabsichtigt es, der WTO nicht alleine beitreten, sondern zusammen mit Kasachstan und Weißrussland, mit denen es eine Zollunion errichtet hat.
Gem. Art. XII Abs. 1 WTO-Abkommen können neben Staaten auch gesonderte Zollgebiete Mitglied der WTO werden, sofern sie gegenüber ihren eigenen Mitgliedstaaten die volle Kompetenz für Außenhandelsbeziehungen und die übrigen WTO-Angelegenheiten besitzen.
Das bislang einzige Beispiel für ein überstaatliches WTO-Mitglied ist die EU. Sie verfügt gem. Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV über die ausschließliche Kompetenz hinsichtlich der Gemeinsamen (Außen-)Handelspolitik (GHP). Vor Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon ergab sich diese Zuständigkeit aus der Rechtsprechung des EuGH (Streinz/Ohler/Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, 3.Aufl., München 2010, S.150).
Was Russland, Weißrussland und Kasachstan betrifft, so war allerdings auch die Rede davon, dass diese Länder, formal gesehen, auch einzeln in die WTO einzutreten könnten, dies aber zur gleichen Zeit und zu gleichen Bedingungen (vgl. http://ru.wikipedia.org/wiki/Всемирная_торговая_организация, Abschnitt Россия и ВТО, Stand: 6.Jan. 2011).
Für die Zeit nach dem Beitritt statuiert Art. XXIV Abs. 5 WTO-Übereinkommen das Recht der WTO-Vertragsparteien, regionale Zollunionen und Freihandelszonen zu unterhalten.
Autor: Rechtsanwalt Sven Ringhof, www.prilaro.de
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Freitag, 7. Januar 2011
Montag, 2. Februar 2009
IGH, Georgien, RF
IGH, Georgien gegen Russische Föderation, Antrag auf einstweilige Verfügung wegen Verletzung der Internationalen Konvention zur Eliminierung aller Formen der Rassendiskriminierung, Beschluß vom 15.Oktober 2008, Aktenzeichen 140
- Leitsätze (von mir verfaßt) -
- Leitsätze (von mir verfaßt) -
Im August 2008 verklagte Georgien die Russische Föderation wegen angeblicher Verletzungen der Internationalen Konvention zur Eliminierung aller Formen der Rassendiskriminierung vor dem Internationalen Gerichtshof (www.icj-cij.org) und stellte einen Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen zum Schutz der von der genannten Konvention garantierten Rechte.
Daraufhin faßte das Gericht den Beschluß, beide Parteien zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen aus dieser Konvention aufzufordern.
Nachfolgend finden sich von mir verfaßte Leitsätze zu dieser Entscheidung:
Daraufhin faßte das Gericht den Beschluß, beide Parteien zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen aus dieser Konvention aufzufordern.
Nachfolgend finden sich von mir verfaßte Leitsätze zu dieser Entscheidung:
A) Entscheidungsgründe hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes im allgemeinen
a) Die Parteien müssen sich der Rechtsprechung des Gerichts unterworfen haben.
b) Im Falle des vorläufigen Rechtsschutzes (Art. 41 des Statuts des Gerichts) muss die Zuständigkeit nicht definitiv bejaht sein; vielmehr genügt es, das Vorliegen einer Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit prima facie glaubhaft zu machen.
c) Ein Streit über die Anwendbarkeit und Auslegung eines bestimmten Abkommens liegt auch dann vor, wenn die streitgegenständlichen Handlungen zugleich in den Anwendungsbereich anderer völkerrechtlicher Normen fallen.
d) Aus der Natur des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt es sich, dass eine Verbindung zwischen den Rechten, deren Schutz durch die vorläufigen Anordnungen gewährleistet werden soll, und dem Gegenstand des Hauptsacheverfahrens bestehen muss.
e) Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes können im Rahmen der Zuständigkeit des Gerichts nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die in den Anwendungsbereich des streitgegenständlichen Abkommens fallen.
f) Ferner muss, damit vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann, ein Verfügungsgrund vorliegen, also eine Dringlichkeit, die durch die tatsächliche Gefahr der Beeinträchtigung von Rechten einer der beiden Parteien, verursacht wird.
g) Eine Bejahung der Dringlichkeit setzt nicht voraus, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Verletzung der streitgegenständlichen Rechte definitiv festgestellt wird; vielmehr genügt es, dass die Umstände Schutzmaßnahmen hinsichtlich dieser Rechte erforderlich erscheinen lassen.
h) Gemäß Art.75 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht andere Maßnahmen als beantragt anordnen, dies sogar gegen den Antragsteller.
i) Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes, die vom Gericht angeordnet werden, sind für die Parteien bindend.
j) Die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren präjudiziert hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens weder die Frage der Zuständigkeit noch der sonstigen Zulässigkeit noch der Begründetheit der Klage.
B) Entscheidungsgründe hinsichtlich der Internationalen Konvention zur Eliminierung aller Formen von Rassendiskriminierung
a) Die Verpflichtungen aus der streitgegenständlichen Konvention binden einen Vertragsstaat auch bei Handlungen außerhalb des eigenen Territoriums.
b) Art. 22 der Konvention fordert seinem Wortlaut nach keine formellen Verhandlungen als Klagevoraussetzung; es genügt vielmehr, dass der Kläger das Gespräch mit der Gegenseite gesucht hat.
c) Vertragsstaaten der Konvention müssen Rassendiskriminierung auch dann unterbinden, wenn ihnen diese juristisch nicht zuzurechnen sind.
Autor: Rechtsanwalt Sven Ringhof, 01.Dezember 2008, www.prilaro.de
Nachtrag: Mittlerweile wurden hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens erste Termine festgesetzt. Die Frist für Georgien zur Einreichung eines Plädoyers endet demnach am 02.September 2009, die für die Russische Föderation am 02.Juli 2010.
07.Januar 2009
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a) Die Parteien müssen sich der Rechtsprechung des Gerichts unterworfen haben.
b) Im Falle des vorläufigen Rechtsschutzes (Art. 41 des Statuts des Gerichts) muss die Zuständigkeit nicht definitiv bejaht sein; vielmehr genügt es, das Vorliegen einer Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit prima facie glaubhaft zu machen.
c) Ein Streit über die Anwendbarkeit und Auslegung eines bestimmten Abkommens liegt auch dann vor, wenn die streitgegenständlichen Handlungen zugleich in den Anwendungsbereich anderer völkerrechtlicher Normen fallen.
d) Aus der Natur des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt es sich, dass eine Verbindung zwischen den Rechten, deren Schutz durch die vorläufigen Anordnungen gewährleistet werden soll, und dem Gegenstand des Hauptsacheverfahrens bestehen muss.
e) Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes können im Rahmen der Zuständigkeit des Gerichts nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die in den Anwendungsbereich des streitgegenständlichen Abkommens fallen.
f) Ferner muss, damit vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann, ein Verfügungsgrund vorliegen, also eine Dringlichkeit, die durch die tatsächliche Gefahr der Beeinträchtigung von Rechten einer der beiden Parteien, verursacht wird.
g) Eine Bejahung der Dringlichkeit setzt nicht voraus, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Verletzung der streitgegenständlichen Rechte definitiv festgestellt wird; vielmehr genügt es, dass die Umstände Schutzmaßnahmen hinsichtlich dieser Rechte erforderlich erscheinen lassen.
h) Gemäß Art.75 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht andere Maßnahmen als beantragt anordnen, dies sogar gegen den Antragsteller.
i) Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes, die vom Gericht angeordnet werden, sind für die Parteien bindend.
j) Die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren präjudiziert hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens weder die Frage der Zuständigkeit noch der sonstigen Zulässigkeit noch der Begründetheit der Klage.
B) Entscheidungsgründe hinsichtlich der Internationalen Konvention zur Eliminierung aller Formen von Rassendiskriminierung
a) Die Verpflichtungen aus der streitgegenständlichen Konvention binden einen Vertragsstaat auch bei Handlungen außerhalb des eigenen Territoriums.
b) Art. 22 der Konvention fordert seinem Wortlaut nach keine formellen Verhandlungen als Klagevoraussetzung; es genügt vielmehr, dass der Kläger das Gespräch mit der Gegenseite gesucht hat.
c) Vertragsstaaten der Konvention müssen Rassendiskriminierung auch dann unterbinden, wenn ihnen diese juristisch nicht zuzurechnen sind.
Autor: Rechtsanwalt Sven Ringhof, 01.Dezember 2008, www.prilaro.de
Nachtrag: Mittlerweile wurden hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens erste Termine festgesetzt. Die Frist für Georgien zur Einreichung eines Plädoyers endet demnach am 02.September 2009, die für die Russische Föderation am 02.Juli 2010.
07.Januar 2009
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