Freitag, 4. März 2011

Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH


Heute möchte ich an Worten sparen und dafür Bilder, naja, sagen wir eine Graphik, sprechen lassen. Denn wie in NJW-aktuell 5/2011, S.12 zu lesen war, kann sich auch die Rechtswelt der zeitgeistgemäßen Macht der Bilder nicht mehr entziehen.

Ganz ohne verbale Erklärungen geht es aber wohl doch nicht.

Deshalb ganz kurz:

Das Bild stellt den Mechanismus des Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 267 AEUV vor dem EuGH (Europäischer Gerichtshof, Gericht der EU) dar, und zwar an einem Fall, der sich vor einigen Jahren tatsächlich zugetragen hat.
Die zuständigen österreichischen Behörden genehmigten eine Demonstration von Umweltschützern auf der Brennerautobahn, einer wichtigen transeuropäischen Verkehrsachse. Spediteure klagten gegen diese Genehmigung vor österreichischen Gerichten, weil sie ihren Geschäftsbetrieb auf Grund der durch die Demonstration nötig gewordenen Sperrung der Autobahn gefährdet sahen.
Da die österreichischen Gerichte für ihre Entscheidung auch die EU-Warenverkehrsfreiheit zu berücksichtigen hatten, mußte die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.
Genauer gesagt bedeutet das, dass die Klage der Spediteure zunächst auf ihr national verbürgtes "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" gerichtet war, das möglicherweise durch die Genehmigung der Demonstration angegriffen wurde (daher im Bild der abgefeuerte Pfeil). Da nationales Recht aber vereinfacht gesagt im Lichte des EU-Rechts ausgelegt werden muß, war eben auch die EU-Warenverkehrsfreiheit zu prüfen; der Pfeil, also die Maßnahme der österreichischen Behörden, trifft deshalb auch die Trutzburg des EU-Rechts. Zur Auslegung von EU-Recht ist aber im Interesse der EU-weiten Rechtseinheitlichkeit nur der EuGH befugt, deshalb die Vorlagepflicht.

Autor: Rechtsanwalt Sven Ringhof, www.prilaro.de